Schienbeinkantensyndrom: Schmerzen am Schienbein – wie wirst du sie los?

Schienbeinkantensyndrom: Was ist das für ein Schmerz im Schienbein?

Schmerzen im Schienbein beim Joggen und auch danach? Es könnte sich um eine Schienbeinentzündung handeln. Wir sprechen darüber mit Martin Barrillon, Physiotherapeut.»

Dieser Schmerz tritt zwar typischerweise bei Läufern auf, kann aber auch durch andere Sportarten verursacht werden. Wie erkennt man ihn und wie kann man ihn endlich loswerden? Hier findest du unsere Tipps.

Warum schmerzt mein Schienbein beim Laufen? Wie kann man feststellen, ob man ein Schienbeinkantensyndrom hat?

Ah, das Schienbeinkantensyndrom, ein bei Läuferinnen und Läufern wohlbekanntes Leiden! In der Physiotherapiepraxis von Martin Barrillon lassen sich zahlreiche Sportlerinnen und Sportler wegen dieser Erkrankung behandeln. Vorweg ein Tipp vom Experten? "Höre auf deinen Körper: Wenn du Schmerzen im Schienbein oder im Bein hast, ist das ein Zeichen für ein ungeeignetes Training, sei es hinsichtlich deines Tempos, deiner Trainingshäufigkeit, der gelaufenen Strecke...", erklärt Martin Barrillon. "Du musst vor allem auf eine schrittweise Steigerung, Konstanz und ausreichende Erholungsphasen in deinem Training achten, um Erkrankungen der unteren Gliedmassen zu vermeiden".

Soweit so gut! Aber wie erkennt man ein Schienbeinkantensyndrom und wie wird es behandelt? Hier die Tipps des Experten zu diesem Thema.

Ist es normal, Schmerzen im Schienbein zu haben?

Es ist nicht unbedingt "normal" Schmerzen im Schienbein zu haben, aber Schmerzen in diesem Bereich können bei aktiven Menschen, insbesondere bei Sportler:innen, häufig auftreten. Schmerzen im Schienbeinbereich können verschiedene Ursachen haben, darunter Periostitis, eine Entzündung der Knochenhaut (der Membran, die den Knochen bedeckt), aber auch eine Tendinopathie, ein Ermüdungsbruch oder das Logen-Syndrom. Wende dich im Zweifelsfall an eine medizinische Fachkraft.

Der Podcast

Periostitis beim Laufen – was tun?

Periostitis, Iliotibialband-Syndrom oder Schienbeinkantensyndrom – in dieser Folge werden zwei der häufigsten Erkrankungen bei Läufer:innen näher erläutert. Was sind die Ursachen und kann man damit laufen? Wie wird man das Problem los? Martin Barillon, Sportphysiotherapeut, gibt Aufschluss.

Ursachen des Schienbeinkantensyndroms

Überbeanspruchung oder Übertraining
Eine plötzliche Steigerung der Intensität, Häufigkeit oder Dauer körperlicher Aktivitäten kann die Muskeln und das Gewebe um das Schienbein herum überlasten und zu einer Entzündung der Knochenhaut führen. Und zack, schon hat man eine Periostitis und damit Schmerzen im Bereich des Schienbeins.

Wie kann man ein Übertraining vermeiden? Zu abrupte Veränderungen im Trainingsablauf, zu plötzliche Umstellungen hinsichtlich der Art der körperlichen Aktivität, der Trainingsfläche, der Sportschuhe oder der Trainingstechnik sind nur einige der Gründe, die zu einer erhöhten Belastung des Schienbeins führen und die Entstehung einer Periostitis begünstigen können.

Biomechanische Probleme
Störungen im Gangbild, in der Körperhaltung oder in der Mechanik bestimmter Bewegungen können zusätzliche Belastungen für das Schienbein verursachen und so das Entstehen einer Periostitis begünstigen.

Anatomische Faktoren
Manche Menschen sind aufgrund ihrer Anatomie, wie beispielsweise der Form ihrer Füsse, einer Überpronation (das Einknicken der Fusssohlen nach innen beim Auftreten) oder anderen anatomischen Besonderheiten, anfälliger für die Entwicklung einer Periostitis.

Wende dich an einen Arzt oder eine Ärztin, wenn du ein Schienbeinkantensyndrom vermutest. Eine genaue Diagnose ermöglicht es, die Ursachen deiner Beschwerden zu ermitteln und einen geeigneten Behandlungsplan zu erstellen, der Ruhe, Physiotherapie, Änderungen im Trainingsablauf, biomechanische Anpassungen und möglicherweise Empfehlungen zu geeigneten Sportschuhen umfassen kann.

Was sind die Symptome einer Periostitis? Wo tritt der Schmerz bei einer Periostitis auf?

"Es gibt keine klar definierten Symptome, aber im Allgemeinen handelt es sich um einen mechanischen Schmerz", erklärt Martin Barrillon. "Das bedeutet, dass er bei Belastung auftritt: Je stärker die Belastung, desto schneller tritt der Schmerz auf und desto problematischer wird es". Zu den Symptomen einer Periostitis können gehören:

• Schmerzen im posteromedialen Bereich, "beim Abrollen des Fusses und beim Auftreten", erklärt der Physiotherapeut.
• Brennendes oder kribbelndes Gefühl.
• Berührungsempfindlichkeit in einem Bereich von 5 bis 15 Zentimetern.
• Möglicherweise leichte Schwellung an der Oberfläche des schmerzenden Bereichs.

Der Periostitis-Schmerz verläuft entlang des Schienbeins. "Er tritt am medialen Rand der Tibia (entlang des Schienbeins, innen) auf und kann vom medialen Malleolus (Knöchel innen) bis zu 10 bis 15 cm nach oben verlaufen”, betont der Experte. Der Schmerz kann in einem bestimmten Bereich des Schienbeins auftreten und sich während oder nach körperlicher Aktivität verschlimmern, sei es beim Laufen oder in fortgeschritteneren Fällen auch beim Gehen.

Wie bereits erwähnt, können einige dieser Symptome auch mit einer Ermüdungsfraktur und an anderen Stellen des Schienbeins mit einem Logen-Syndrom oder einer Tendinopathie zusammenhängen. Um die richtige Diagnose zu erhalten, solltest du dich an eine medizinische Fachkraft wenden.

Kann ich mit einem Schienbeinkantensyndrom joggen gehen?

Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen und je nach Schweregrad deiner Periostitis.

Die erste Voraussetzung? Lass dich von einer medizinischen Fachkraft wie Martin Barrillon beraten. Übrigens empfiehlt er seinen Patient:innen selten, ihre körperliche Aktivität komplett einzustellen. "Wenn man mit Sportler:innen spricht, sollte man ihnen niemals von der Ausübung ihres Sports abraten, da sie ohnehin nicht darauf hören", weiss der Experte. "Solange er oder sie trainieren kann, lässt man ihn oder sie auch trainieren".

Die zweite Voraussetzung darf jedoch nicht vergessen werden: der Schmerz. Wenn der Schmerz nur leicht ist und erst nach einigen Kilometern beim Laufen auftritt, reduziere einfach die Belastung, insbesondere die Länge der Laufstrecke. Wenn der Schmerz sogar beim Gehen spürbar ist, kann etwas Ruhe erforderlich sein, bevor die Belastung durch Laufen schrittweise wieder aufgenommen wird.

Martin Barrillon verrät uns einige zusätzliche Tipps, um die Schmerzen zu lindern und zu verhindern, dass sie in Zukunft wieder auftreten.

Wie kann man Schmerzen im Schienbein lindern und ein Schienbeinkantensyndrom schnell behandeln? Wie kann man Schmerzen im Schienbein beim Laufen vermeiden?

Es gibt kein Patentrezept, um ein Schienbeinkantensyndrom im Eiltempo zu heilen, sondern lediglich bewährte Methoden, mit denen die Schmerzen schneller verschwinden.

Zur sofortigen Linderung: Techniken zur Schmerzbewältigung
Kälteanwendung
Lege in regelmässigen Abständen 15 bis 20 Minuten lang Eis auf die schmerzende Stelle, um die Entzündung zu lindern.

Tapes
Kleine farbige elastische Bänder, die an bestimmten Stellen des Schienbeins angebracht werden, sollen die durch die Periostitis verursachten Schmerzen lindern.

Massagen
Eine Massage der schmerzenden Stelle kann anschliessend zur Linderung der Schmerzen beitragen. "Wie beim Eis und den Tapes handelt es sich hierbei lediglich um eine Technik zur sofortigen Schmerzlinderung, die jedoch nicht die Ursache der Periostitis behandelt", erklärt Martin Barrillon.

Nach Ansicht des Experten können mehrere Massnahmen dazu beitragen, die Ursachen dieser Schienbeinschmerzen zu behandeln und ein Schienbeinkantensyndrom in Zukunft zu vermeiden.

Passe dein Training an

Ruhe
Gönne deinem Schienbein Zeit zur Erholung und vermeide Aktivitäten, die die Schmerzen verschlimmern. Weitgehende Ruhe ist oft unerlässlich, damit die Entzündung abklingen kann und das Schienbeinkantensyndrom nicht dauerhaft anhält.

Reduziere die Intensität und Häufigkeit
Verringere vorübergehend die Intensität und Häufigkeit deiner Trainingseinheiten, um die Belastung des Schienbeins zu minimieren. Wenn möglich, wähle Aktivitäten mit geringer Belastung wie Schwimmen oder Radfahren, bis die Schmerzen nachlassen. "Anpassung ist der entscheidende Faktor. Passe deine Trainingsintensität an deine Belastbarkeit an: Wenn du nach 8 km Schmerzen hast, verkürze zum Beispiel deine Laufzeit, damit die Schmerzen nicht mehr auftreten, und höre nach 7,5 km auf", erklärt Martin Barrillon.

Prüfe deinen Laufstil
"Wenn du mit starkem Fersenaufsatz und Abrollbewegung läufst, erhöhe deine Schrittfrequenz, um die Vibrationen beim Bodenkontakt zu verringern, und setze deinen Fuss flacher auf, ohne dabei die Geschwindigkeit zu verringern", so der Experte weiter. "Wenn du mit der Fussspitze aufkommst, verringere die Belastung auf den Vorfuss und ändere deinen Schritt".

Sei geduldig

"Eine Periostitis kann innerhalb von zwei bis drei Wochen, manchmal aber auch erst nach drei bis vier Monaten abklingen. Da dies bei jedem Menschen unterschiedlich ist, kann man keine allgemeingültigen Aussagen treffen", betont Martin Barrillon. "Es gibt jedoch Risikofaktoren: Übergewicht, Laufstil, seitliche Hüftrotationen, Fusspronation...

Kurzum: Gib dir Zeit und befolge die Empfehlungen deines Arztes, um deine Genesung zu optimieren.

Die beste Vorbeugung: Regelmässiges Muskeltraining

Kräftige deine Muskeln

"Ziel ist es, den Fuss zu kräftigen, um mehr Stabilität zu erlangen", erläutert Martin Barrillon. "Wähle insbesondere Übungen zur Stärkung der Fussmuskulatur". Der Experte empfiehlt, zumindest zu Beginn ein tägliches muskelaufbauendes Training zu absolvieren.

Dazu gibt der Physiotherapeut mehrere Beispiele für wirksame Übungen:

• Stelle einen Fuss auf ein Handtuch und schiebe das Handtuch Stück für Stück mithilfe der Zehen und dem Fussgewölbe unter den Fuss. Wiederhole die Übung mit dem anderen Fuss. Diese Übung trainiert die Fussmuskeln, darunter auch einige, die ihren Ansatzpunkt am Schienbein haben.
• Mache dieselbe Übung, ohne dabei mit den Zehen zu krallen. Hier werden also die Mittelfussknochen verwendet, um Druck auf den Boden auszuüben und so das Fussgewölbe zu stärken, indem der gesamte Fuss und insbesondere die intrinsischen Muskeln (die Muskeln des Fusses selbst) angespannt werden. Der Fuss wird verkürzt, ohne dabei mit den Zehen zu krallen. Wiederhole die Übung mit dem anderen Fuss. Das Ziel besteht darin, die Stabilität des Fussgewölbes zu fördern, um dessen Senkung entgegenzuwirken.
• Stelle dich auf die Zehenspitzen, zunächst mit beiden Füssen, danach mit jeweils einem Fuss. Diese Übung stärkt die Wadenmuskulatur.
Gleichgewichtsübungen : Stabilitätsübung auf festem oder instabilem Untergrund (z. B. auf einem Bosu-Ball). Kontrolliere dein Gleichgewicht beim Ausführen einer einbeinigen Kniebeuge, um deine Stabilität und allgemeine Kontrolle zu trainieren.

Ein gezieltes und regelmässiges Muskelaufbauprogramm trägt ebenfalls zur Stabilisierung des Schienbeinbereichs bei und reduziert so den Druck auf die Knochenhaut. Konzentriere dich auf die Stärkung der Wadenmuskulatur, der vorderen Schienbeinmuskeln, der Hüftmuskeln und der stabilisierenden Muskeln des Rumpfes.

Trainiere deine Dehnbarkeit

Eine bessere Dehnbarkeit der Muskeln kann dazu beitragen, die Belastung des Schienbeins und der umliegenden Strukturen zu verringern, was das Auftreten einer Periostitis verhindern kann.

Verspannte und wenig dehnbare Muskeln können einen erhöhten Druck auf die Knochen und das umliegende Gewebe ausüben. Durch gezielte Übungen kannst du die Muskelspannung reduzieren, wodurch die Belastung auf das Schienbein verringert wird.

Eine gute Dehnbarkeit fördert die Biomechanik, d. h. eine bessere Koordination und Kraftverteilung bei Bewegungen. Dies kann dazu beitragen, eine Überlastung bestimmter Bereiche des Schienbeins zu vermeiden und somit das Risiko einer Periostitis zu reduzieren.
Muskuläre Dysbalancen, insbesondere zwischen den Antagonisten, tragen zur Belastung des Schienbeins bei. Durch ein ausgewogenes Dehnungstraining kannst du solchen Ungleichgewichten vorbeugen und eine harmonischere Körpermechanik aufrechterhalten.

Eine gute Dehnbarkeit fördert auch die Durchblutung von Muskeln und Gewebe und trägt so zu einer schnelleren Erholung nach dem Training und zur Verringerung von Entzündungen bei.

Wenn du dir eine gute Beweglichkeit bewahrst, verringerst du das Risiko von Verletzungen, die durch Überbeanspruchung oder übermässige Belastung des Gewebes verursacht werden.

Das Training sollte in ein umfassendes Programm zur Verletzungsprävention integriert werden: Regelmässiges Dehnen, Muskelentspannungstechniken und andere Methoden zur Erhaltung deiner Muskelbeweglichkeit sind allesamt wirksame Techniken.

Fokus auf die Erholung

Wie bei jeder körperlichen Aktivität muss auch das Laufen, um langfristig ausgeübt werden zu können, mit Erholungsphasen einhergehen. Dein Körper wird beim Laufen auf eine harte Probe gestellt und braucht Ruhe, um beim nächsten Lauf wieder voll durchstarten zu können. Wenn du diese Erholung vernachlässigst, riskierst du Verletzungen und musst dann dein Training reduzieren oder sogar ganz einstellen.

Eine gute Erholung erfordert vor allem einen guten Schlaf, aber nicht nur das! Um sich vollständig zu erholen, benötigt dein Körper eine ausgewogene Ernährung in ausreichender Menge, damit dein Organismus dich bei all deinen Abenteuern, ob sportlicher Natur oder nicht, unterstützen kann.

Als Nächstes kommt die Flüssigkeitszufuhr. Trinke den ganzen Tag über regelmässig ausreichend Wasser, um deinen Körper mit den Mineralien zu versorgen, die er zur Erholung benötigt.

Vermeide ausserdem so weit wie möglich Stress, da dieser deine Schlafqualität, deinen Appetit und deine Motivation beeinträchtigen kann.

Also los, schnappe dir ein Handtuch, trainiere deine Fussmuskulatur und verabschiede dich vom Schienbeinkantensyndrom, denn jetzt kannst du wieder schmerzfrei laufen!

Schienbeinkantensyndrom: Schmerzen am Schienbein – wie wirst du sie los?

Val

Journalistin – Webredakteurin

Gesellschaftsjournalistin, begeisterte Nutzerin sozialer Netzwerke (du kennst ja das Twitter-Fieber) und Sportfan. In meiner Freizeit findet man mich je nach Tagesform entweder an der Pole-Dance-Stange oder unter der Hip-Thrust-Stange.

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